Künstlich aufgezogen werden hauptsächlich Jungtiere, die von der Mutter beim Transport von Kobel zu Kobel verlorengegangen sind oder verletzte Tiere, die z.B. aus dem Nest gefallen sind.

Eichhörnchenbabys, ca. 7-10 Tage alt

WICHTIG

Finden Sie beim Heckenschneiden ein solches Nest, hören Sie sofort mit der Arbeit auf. Liegt es bereits am Boden, dann versuchen Sie es am selben Platz bzw. am Nachbarbaum zu montieren! Es gibt viele Möglichkeiten, es muss kein Korb sein, auch eine Unterlage aus Gittergeflecht wäre denkbar. Zeigt sich auch nach stundenlanger vorsichtiger Beobachtung das Weibchen nicht, dann erst ist eine künstliche Aufzucht vertretbar und notwendig.

Eichhörnchen in Not suchen nicht selten Hilfe bei Menschen!!!

Häufig kommt es vor, dass Jungtiere, die aus irgendwelchen Gründen nicht mehr von der Mutter versorgt werden, aktiv menschliche Hilfe suchen. Es ist möglich, dass sie Spaziergängern am Bein hochkrabbeln, über den Balkon in die Wohnung kommen oder ähnliches. Die Kleinen tun dies aus purer Verzweiflung und Hunger. Bitte scheuchen Sie solche Tiere nicht weg, weil Sie annehmen, das Eichhörnchen könnte evtl. Tollwut haben!!! Deutschland gilt seit 2008 als tollwutfrei. Sichern Sie das Tier und rufen Sie umgehend bei einer fachkundigen Stelle an.

 

Jugendentwicklung

Bei der Geburt sind Eichhörnchen nackt, blind und taub. Vibrissen, das sind Tasthaare am Kopf (Schnurrhaare), an den Unterarmen und am Bauch, sind bereits vorhanden. Das Gewicht liegt bei etwa 8,5 g, die Körperlänge beträgt bis 6 cm, die Schwanzlänge bis 2,5 cm. Die Gehörgänge sind vorerst geschlossen, Hände und Finger sind unverhältnismäßig groß und lang.

Am 6. Tag zeigen sich erste Haare am Kopf, am 8. Tag auch auf dem Rücken. Am 10. Tag ist der im Verhältnis lange, gleichmäßig dicke Schwanz auffällig. Am 13. Tag ist ein zarter Haarflaum erkennbar. Ab dem 20. Tag lässt sich bereits die spätere Farbverteilung erkennen. Mit 22-23 Tagen brechen die unteren Schneidezähne durch. Im Alter von 30-32 Tagen öffnen sich die Augen, das Gewicht beträgt nun etwa 70 g. Zwischen dem 37. und dem 41. Tag brechen die oberen Schneidezähne durch.

 

Sie verlassen im Alter von 40-45 Tagen erstmals freiwillig das Nest. Vor diesem Zeitpunkt springen sie bei Störungen ziellos aus dem Nest heraus, laufen wackelig und kopflastig und versuchen, rasch aufwärtszuklettern. In diesem Alter wird auch erstmals Zwieback, der ins Nest gelegt wird, angeknappert.

Die Säugezeit beträgt etwa 8 Wochen. Bei späteren Versuchen zu saugen, springt das Weibchen bald weg. Mit dem Ende der Säugezeit sind die Jungen auf sich selbst gestellt.

 

Aufzucht

Ernährung: als Aufzuchtnahrung hat sich Royal Canin Welpen Ersatzmilch bewährt. Diese wird im Verhältnis 2:1 (2 Teile Fencheltee oder Wasser und 1 Teil Pulver) angemischt.

ACHTUNG: Da Milchreste sehr stark säuern, sind die Milchmischungen immer frisch zuzubereiten, ansonsten riskiert man tödliche Durchfälle.

 

  • Ab der 4. Woche erhalten die Pfleglinge neben der Milchmischung einen Vollkornbrei von Alete oder Milupa, der für Säuglinge geeignet ist ( ab 3. Monat). Gut verdaulich und geeignet wäre hier Milupa Kinderland Siebenkornflocken, die sich zu einem Brei auflösen. Den Brei aber nie mit Kuhmilch anrühren, sondern in Wasser oder Aufzuchtmilch auflösen.
  • Ab der 6. Woche kann man schon einen Mischbrei aus Aletegläsern mit jungem Gemüse (z.B. Karotten) und Obst (z.B. Apfel) zufüttern. Keine Gemüsesorten verwenden, die Blähungen hervorrufen. Auch Kartoffeln sind nicht wirklich reizfrei. Wenn die Jungen beginnen, an Fingern und Neststrukturen spielerisch herumzuknabbern, dann ungezuckerten Zwieback oder Vollkornkekse ohne Schokolade anbieten. Auch geschälte Sonnenblumenkerne, kleine Karottenstücke, Apfelspalten oder geriebene Nüsse kann man dann schon probieren. Anfangs lutschen die Tiere nur an den Futterbrocken, bis sie begreifen, was man mit Zähnen alles anfangen kann.

Hauptnahrung erwachsener Eichhörnchen sind Koniferen-Samen, Bucheckern, Eicheln und Haselnüsse, daneben fressen sie auch Walnüsse, Hainbuchensamen, Ross- Edelkastanien, verschiedene Beeren, Pilze, Rinde, Knospen, Triebe und Insekten. Wie man bei verschiedenen Untersuchungen festgestellt hat, lernen die Jungtiere, was fressbar ist, dadurch, dass sie dem Muttertier Futterbrocken wegnehmen und selbst verzehren. Daher ist es für das Junge ausgesprochen wichtig, dass es in dieser sensiblen Phase der Umstellung von Milch auf feste Nahrung jenes Futter erhält, das es später auch in Freiheit vorfindet.

Die tägliche Nahrungsaufnahme erwachsener Hörnchen beträgt im Sommer etwa 55 g.

 

FÜTTERUNG

Zum Verabreichen der Milch eignet sich bei noch sehr jungen Tieren am besten eine Insulinspritze ohne Nadel. Sie fasst 1ml und der Gummikolben gleitet leichter als bei herkömmlichen Spritzen. Obwohl man sie nach jeder Fütterung gründlich säubern muss, empfliehlt sich ein Wechsel jeden bzw. jeden zweiten Tag. Mangelnde Hygiene kann sich leicht negativ auswirken. Bei bereits grüßeren Jungtieren verwendet man am besten Injektionsspritzen (2 ml, 5 ml).

Die Fütterungsintervalle betragen 2 Stunden, auch während der Nacht. Die Nachtfütterungen enden frühestens mit Ende der 3. Woche. Gute Trinker überleben bis 2,5 Stunden ohne Fütterung. Schlechte Trinker sind alle 1,5 Stunden zu füttern. 6 Wochen alte Tiere erhalten 4 Fütterungen täglich.

Die aufgenommene Milchmenge pro Fütterung sollte bei noch nackten Tieren 1-2 ml betragen. 6 Wochen alte Tiere erhalten jeweils 6-8 ml.

Junge Eichhörnchen füttert man in einer aufrechten Haltung (halbe Rückenlage), so kann ein zu großer Milchtropfen nicht gleichzeitig Nase und Mund verschließen. Es ist auch unerläßlich, während der Fütterung Pausen einzulegen, in denen das Jungtier Gelegenheit hat, die Milch bzw. den Nahrungsbrei abzuschlucken. Da sonst die Gefahr besteht, daß die Nahrung in die Lunge gelangt und dort eine sogenannte Schluckpneumonie (Lungenentzündung) hervorruft, die tödlich endet.

 

TIPP: Während der Abschluckpausen stellt man die Spritze oder Pipette am besten verkehrt herum in ein Glas mit ca. 40 Grad Celsius warmen Wasser. Dadurch bleibt die Milch warm und kühlt während der Pause nicht zu sehr aus, was sonst zu lebensgefährlichem Durchfall führen könnte.

 

Zu Beginn der Aufzucht hat man noch keine Routine und es geht oft sehr viel Milch daneben. Da ist es hilfreich, das Jungtier in ein stück Küchenrolle einzuwickeln, das die überschüssige Milch aufsaugt und so hilft, das Eichhörnchen trockenzuhalten. Es kommt dann nicht so leicht zu einer Unterkühlung. Auch bei schlechten Trinkern hat sich das bewährt.

 

NIEMALS: Auf gar keinen Fall das gesamte Tier waschen und fönen!!

 

Nach jeder Fütterung ist mit dem feuchten Zipfel eines Papiertaschentuches oder eines feuchten, dünnen Haarpinsels eine Analmassage durchzuführen. Dabei werden Harn und Kot abgesetzt, der sorgfältig entfernt wird.

 

UNTERBRINGUNG

Sind die Jungen noch blind, etwa in den ersten vier Lebenswochen, dann genügt eine Schachtel oder ein Korb, ausgelegt mit weichen Tüchern o. dgl. Bis ihr Haarkleid ausreichend isoliert, muss ihnen Wärme von außen zugeführt werden. Bewährt hat sich hier bei Einzelaufzuchten ein Taschenofen, bei mehreren Geschwistern, die sich auch gegenseitig Wärmen, eine Wärmflasche oder ein Infrarotstrahler, der nur Wärme und kein Licht produziert.

 

TIPP: Um Unfälle zu vermeiden, ist es am besten, bereits von vornherein auch kleine Jungtiere mitsamt der Schachtel in einen größeren Käfig zu stellen.

 

Dieser Käfig, mit Kletterästen und Versteckmöglichkeiten ausgestattet, genügt dann auch in der ersten Zeit nach dem Öffnen der Augen, in der die Jungtiere noch sehr tollpatschig herumklettern.

Wird diese Behausung zu klein, erfüllt nur eine entsprechend eingerichtete Voliere artgerechte Ansprüche.. Zu kleine Behausungen, selbst bei Zimmerhaltung, haben unweigerlich die Ausbildung stereotyper Bewegungsabläufe zur Folge.

Die spätere Auswilderung wird sehr erleichtert, wenn man jungen Eichhörnchen als Nestersatz einen Nistkasten anbietet, z. B. einen Starenkasten aus Holzbeton (Fa. Schwegler), der ein größeres Einschlupfloch aufweist.

AUSWILDERUNG

Sind die Eichhörnchen an den Nistkasten als Zufluchts- und Wohnort gewöhnt, ist die Freilassung denkbar einfach. Man hängt den Nistkasten, wenn die Tiere ein Alter von ungefähr 8-9 Wochen erreicht haben, an einen geeigneten Baum, abseits von Straßen und füttert sie dort noch eine gewisse Zeit lang zu.

Ein mögliches Problem kann in der Weise auftreten, daß freilebende Eichhörnchen das eben freigelassene Tier attackieren und böse zurichten. Wahrscheinlich werden solche Angriffe von säugenden Weibchen durchgeführt, da Eichhörnchen nicht besonders territorial sind. Aber eine verstärke Kontrolle in den ersten Tagen nach der Freilassung ist angebracht.