Anmerkung: Die Aufzuchts- und insbesondere die Auswilderungstipps gelten nur für Steinmarder und sind nicht übertragbar auf verwandte Arten. Baummarder-, Iltis-, Hermelin-, oder Mauswiesel-Jungtiere erfordern eine andere Aufzuchtsweise.

Eine sehr gute Übersicht finden Sie z.B. auf der Seite des Marderhilfsnetzes.

Wärme ist wichtig!

In den ersten zwei bis drei Lebenswochen benötigen die Jungtiere Wärme, da sie die Körpertemperatur noch nicht aufrechterhalten können. Man kann Wärme z.B. mit einer Wärmflasche zuführen (gut handwarm, bitte immer ein Tuch dazwischenlegen). Dabei muss man jedoch sehr vorsichtig sein, denn die Kleinen können leicht einer zu hohen Temperatur ausgesetzt werden! Es hängt natürlich von der Umgebungstemperatur, der Fellentwicklung und der Anzahl der Jungtiere ab, wie lange Zusatzwärme benötigt wird. Mehrere Jungtiere wärmen sich auch gegenseitig.

 

Die Fütterung

Bis zum Alter von sieben Wochen trinken die Kleinen nur Milch. Sie müssen alle zwei bis drei Stunden gefüttert werden, auch nachts. Der Stoffwechsel der Jungtiere ist auf die ständige Aufnahme kleiner Nahrungsmengen ausgerichtet. Als Ersatzmilch eignet sich Milchpulver für Hunde oder Katzen, das man beim Tierarzt oder in der Zoohandlung kaufen kann. Dort gibt es auch Aufzuchtfläschchen mit geeigneten Saugern, in die man mit einer heißen Nadel ein kleines Loch sticht. Das Milchpulver wird nach der Dosieranleitung in Wasser aufgelöst und handwarm verfüttert. Man sollte den Kleinen nach Möglichkeit nichts aufdrängen. Wenn sie anfangs nicht so recht trinken wollen, wartet man lieber etwas ab, bis sie sich an das Milchfläschchen gewöhnt haben. Bei Zwangsfütterungen ist die Gefahr sehr groß, dass sich die Kleinen verschlucken. Das kann lebensbedrohlich sein. Nach jeder Fütterung muss das Fläschchen mit kochendem Wasser gespült werden.

Bei Durchfall ist es ratsam, die Milch stärker zu verdünnen oder teilweise durch Tee zu ersetzen (dünner Schwarztee, zweiter Aufguss). Außerdem sollte man ein Durchfallmittel (z.B. Stulmisan, Kohle) und Elektrolyte verabreichen. Gegen Blähungen helfen Fencheltee oder Sab-Simplex. In schweren Fällen fragen Sie einen Tierarzt um Rat.
Mit sieben Wochen, wenn das Gebiss vollständig entwickelt ist, bietet man den Kleinen feste Nahrung an. Man braucht sie ihnen nicht aufzudrängen oder unter die Milch zu mischen, sie fangen irgendwann schon von selbst an davon zu fressen. Als erste Nahrung eignet sich im Handel erhältliche Babynahrung in Gläschen, Rinderhackfleisch, Geflügel (roh oder gekocht), tote Mäuse oder Küken, gelegentlich etwas Ei, zur Not auch Katzen- oder Hundewelpenfutter (niemals rohes Schweinefleisch!). Obst sollte man erst ein bis zwei Wochen nach der Nahrungsumstellung verfüttern. Am liebsten fressen Steinmarder süße Früchte, wie Kirschen, Zwetschgen, Bananen oder Brombeeren. Man kann den Kleinen durchaus auch mal gekochte Nudeln oder Gemüse anbieten. Solche Nahrung werden sie später als Essensreste auf Komposthaufen vorfinden. Und je vielseitiger die Ernährung, desto besser. Die Jungtiere müssen ständig Futter zur Verfügung haben, da sie über den Tag verteilt häufig kleine Mengen fressen. Ein, zwei Fütterungen pro Tag, wie bei Hunden üblich, sind für Steinmarder nicht ausreichend und widersprechen ihrer Ernährungsweise. Die Menge sollte so bemessen sein, dass immer etwas übrig bleibt.
Das Beutemachen braucht man den Kleinen nicht beizubringen. Sie interessieren sich instinktiv für Mäuse und lernen das Jagen später auf ihren Streifzügen selbst. Außerdem sind Steinmarder Allesfresser und daher ohnehin eher Sammler als Jäger.

 

Bauchmassage

Um das Nest sauber zu halten, nimmt die Mutter während der Säugephase die Ausscheidungen der Jungtiere auf. Sie beleckt die Jungen im Anogenitalbereich, woraufhin diese Kot und Urin abgeben. Auch bei der Aufzucht in menschlicher Obhut muss man die noch saugenden Jungen durch Anogenitalmassage dazu veranlassen, Kot und Urin abzugeben. Das macht man am besten mit weichem Toilettenpapier, das die Ausscheidungen aufsaugt.

 

Tierärztliche Versorgung

Steinmarder sind allgemein wenig krankheitsanfällig. Auch Tollwut tritt bei ihnen nur äußerst selten auf. Eine Impfung ist dennoch unbedingt ratsam, wenn in der Nähe Ihres Wohnortes in letzter Zeit Tollwut aufgetreten ist, da man sich bei der Auswilderung ansonsten über den Kontakt mit den jungen Steinmardern ja auch selbst anstecken kann. Wer möchte, kann die Jungtiere auch gegen Staupe impfen lassen. Eine Entwurmung ist meistens nicht erforderlich. Bei erkennbarem Befall ist eine Behandlung aber sinnvoll, um die Kleinen nicht unnötig zu schwächen. Flohbehandlungen sind normalerweise ebenfalls nicht notwendig.
Man sollte die tierärztlichen Eingriffe auf das nötige Mindestmaß reduzieren. Schließlich sollen die Jungtiere später ausgewildert werden, und in der freien Wildbahn sind Flohbehandlungen, Wurmkuren und Impfungen auch nicht angesagt.

 

Die Auswilderung

Die Auswilderung vollzieht sich ganz von selbst, wenn man die Jungtiere frei laufend hält. Bei den ersten Ausflügen im Garten sollte man sie besser beaufsichtigen oder herumführen. Normalerweise folgen junge Steinmarder ihrer Bezugsperson und entfernen sich anfangs nicht allzu weit. Die Ausflüge müssen in der Abenddämmerung oder nachts stattfinden, da Steinmarder am Tag den offenen Himmel über sich scheuen. Die anfängliche Beaufsichtigung ist nötig, da die Jungen noch ungeschickt sind und in der noch fremden Umgebung leicht in Notlagen geraten, zum Beispiel wenn sie sich nicht mehr trauen von einem Ast herunterzuspringen. Gefahrenquellen sind zum Beispiel Hunde, befahrene Straßen oder Gartenteichen und Regentonnen ohne Ausstiegsmöglichkeit. Beim Erscheinen fremder Menschen werden normal entwickelte Jungtiere ab einem gewissen Alter Fluchtverhalten zeigen. Sie bleiben nur gegenüber ihren Bezugspersonen vertraut.
Probleme werden die jungen Steinmarder früher oder später mit den schon vor Ort ansässigen Steinmardern bekommen. Die sind alles andere als erfreut über die Neuzugänge. Mit zunehmendem Alter der Jungtiere wird es verstärkt zu Streitereien und Kämpfen kommen, manchmal auch zu Verletzungen. Dann wird sich entscheiden, ob die Jungtiere sich durchsetzen und dableiben oder ob sie dem Druck ausweichen und abwandern oder – im schlimmsten Fall – wie viele andere Jungtiere auch, nicht überleben werden. Auf keinen Fall darf man die Jungtiere zur Auswilderung einfach irgendwo aussetzen. Die starke Ortsbindung der Steinmarder bringt es mit sich, dass sie völlig verstört sind, wenn sie sich plötzlich in einer fremden Umgebung wiederfinden. Ihre Überlebenschancen sinken damit drastisch.
Sind die Steinmarder-Jungtiere beim Auffinden schon etwa neun Wochen alt und zeigen schon Scheu gegenüber dem Menschen, sperrt man sie am besten in einem abgedichteten Schuppen oder etwas ähnlichem ein. Nach einer Eingewöhnungszeit von etwa drei Wochen gewährt man ihnen freien Auslauf, füttert sie aber weiterhin. Die Jungtiere müssen dann auf sich selbst gestellt ihre Umgebung erkunden.

 

Problemfall Einzelkind

Die Aufzucht eines einzelnen Steinmarders bereitet besondere Probleme und sollte unbedingt vermieden werden. Man kann bei Auffangstationen, Tierheimen oder Frettchen-Vereinen nachfragen, ob noch weitere Steinmarder-Jungtiere in menschlicher Obhut aufgezogen werden und so Einzeltiere spätestens im Alter von acht, neun Wochen zusammenbringen. Steinmarder-Jungtiere vertragen sich immer. Besteht jedoch ein größerer Altersunterschied, kann es sein, dass das ältere Jungtier zu ruppig mit dem jüngeren spielt. Dann muss man die Jungtiere gegebenenfalls beim spielen beaufsichtigen und vorübergehend trennen.
Einzelkinder sind problematisch, weil junge Steinmarder viel von Vorbildern lernen. Sie machen normalerweise ihre Mutter oder den Geschwistern alles nach. Ein einzeln aufgezogenes Jungtier hat nur das menschliche Vorbild. Das kann sich sehr nachteilig auswirken. Werden mehrere Jungtiere aufgezogen, schauen sie sich gegenseitig vieles voneinander ab, die Prägung auf den Menschen wird nicht so schwerwiegend.
Handaufgezogene Einzeltiere sind oft verhaltensauffällig und bleiben so zahm, dass sie nicht mehr ausgewildert werden können. Und bei einer dauerhaften Haltung in Gefangenschaft zeigen solche Tiere spätestens wenn sie erwachsen werden schwere Verhaltensstörungen, auch in großen Gehegen. Sie laufen ununterbrochen hin und her oder im Kreis herum (Bewegungsstereotypie) oder sie reißen sich Haare heraus, meistens am Schwanz. In schlimmen Fällen beißen sie sich in den eigenen Schwanz und verletzen sich dadurch selbst.

Außerdem kann es passieren, dass in Gefangenschaft lebende erwachsene Steinmarder ihren menschlichen Betreuer angreifen. Das ist ganz normal, denn es ist nun mal unter Mardern üblich, dass man sein Revier verteidigt und einzeln aufgezogene Tiere können dies Verhalten auch auf Menschen übertragen.

Ist die Aufzucht junger Steinmarder überhaupt sinnvoll?

Aus ökologischen Erwägungen oder unter dem Blickwinkel des Naturschutzes ist die Aufzucht junger Steinmarder nicht sinnvoll. Die Steinmarder-Dichte in Deutschland ist hoch, alle geeigneten Reviere dürften bereits besetzt sein. Jungtiere haben es da grundsätzlich schwer, Fuß zu fassen. Höchstwahrscheinlich müssen viele von ihnen sterben, weil sie kein Revier finden können. Unter dem Aspekt des Tierschutzes ist eine Aufzucht nur dann vertretbar, wenn sie unter optimalen Bedingungen verläuft. Eine misslungene Aufzucht verursacht großes Leiden und muss daher unbedingt vermieden werden.
Es gibt also durchaus Argumente, die gegen die Aufzucht von Steinmarder-Jungtieren sprechen. Auf der anderen Seite ist es ein sehr schwerer Entschluss, ein gesundes Tier einzuschläfern. Die Entscheidung muss jeder nach sorgsamer Abwägung des Für und Widers selber treffen. Man sollte sich jedoch im Klaren sein, dass man mit der Aufzucht der Jungtiere eine sehr schwere Aufgabe und große Verpflichtung auf sich nimmt.