Felis silvestris silvestris
Die Europäische Wildkatze: Tier des Jahres 2018!
Durch die Wahl zum „Tier des Jahres“ sollte die Wildkatze und insbesondere das Schutzbedürfnis der Art 2018 in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden. Nachdem sie zwischenzeitlich beinahe vollständig aus unseren Wäldern verschwunden waren, leben heute wieder einige tausend Wildkatzen in Deutschland – insbesondere in den Mittelgebirgsregionen wie beispielsweise dem Pfälzerwald. Nichtsdestotrotz gelten die nachtaktiven Einzelgänger weiterhin als „stark gefährdet“, in einigen Bundesländern sogar als „vom Aussterben bedroht“ (Rote Liste des Bundes).
Lebensraum und Bedrohung
Auch Querungshilfen im dichten Straßennetz fehlen weitgehend. Gerade während ihrer Hauptaktivitätsphase in der Dämmerung und Nacht werden Wildkatzen auf ihren Wanderungen zwischen einzelnen Waldgebieten häufig überfahren, wenn sie Bundesstraßen und Autobahnen überqueren. Opfer sind hier meist Jungkatzen auf der Suche nach einem eigenen Revier. Die allgemein hohe Jungensterblichkeit führt dazu, dass Wildkatzen nicht selten neben dem Wurf im Frühjahr einen zweiten im Herbst haben. Jahr für Jahr landen während dieser Zeiträume junge Wildkatzen in unserer Wildtierauffangstation – meist ohne Notwendigkeit.
Wildkatze oder Hauskatze? – Jungtiere werden oft grundlos „eingesammelt“
Häufig werden die Jungtiere fälschlicherweise für ausgesetzte Hauskatzen gehalten, aus Unwissenheit eingesammelt und schließlich ins Tierheim gebracht. Die extrem scheue Wildkatze meidet generell strikt den Kontakt zu Menschen und Ortschaften. Jedoch kommt es vor, dass die Mütter ihre Jungtiere in Holzpoltern in Gärten verstecken oder im Gebüsch am Waldrand alleine zurücklassen während sie auf Beutejagd gehen. Nicht selten entdecken Spaziergänger die Kleinen und vermuten, dass diese Hilfe benötigen, weil sie womöglich nicht mehr von der Mutter versorgt würden oder gar ausgesetzt wurden. Mit ihrer dunklen Streifenzeichnung auf ockerfarbenem Untergrund erinnern die Jungtiere stark an ähnlich gefärbte Hauskatzen. Die Ähnlichkeit täuscht jedoch! Die europäische Wildkatze ist keinesfalls eine verwilderte Hauskatze, sondern eine eigenständige Art. Unsere Hauskatze hingegen stammt von der afrikanischen Falbkatze ab und wurde erstmals von den Römern mit nach Europa gebracht. Ausgewachsene Wildkatzen sind kaum größer als Hauskatzen, wirken aber durch das dichte, längere Fell kräftiger. Die typische Streifenzeichnung mit dunklem Aalstrich entlang der Wirbelsäule ist bei den jungen Wildkatzen ähnlich kontrastreich wie bei getigerten Hauskatzen, bei erwachsenen Tieren jedoch eher verwaschen und häufig kaum noch als Streifen zu erkennen. Auch der markante buschige Schwanz mit 2-3 dunklen Ringen und stumpfem Ende unterscheidet die erwachsene Wildkatze deutlich von der Hauskatze mit ihrem eher schmalen und spitz endenden Schwanz. Bei jungen Wildkatzen, bei denen die genannten Merkmale noch nicht so deutlich ausgeprägt sind, kann auch die Farbe der Nase als Hinweis auf ihre Herkunft dienen. Während der Nasenspiegel bei Hauskatzen häufig bräunlich oder grau bis schwarz ist, ist dieser bei Wildkatzen meist auffallend rosa oder fleischfarben ausgeprägt. Erfahrungsgemäß ist es meist nicht das Aussehen, sondern vielmehr das Verhalten, das letztlich den Verdacht weckt, es könne sich bei den getigerten Findelkindern um Wildkatzen handeln. Selbst sehr junge Kätzchen wehren sich in der Regel mit heftigem Knurren, Fauchen, Spucken und Beißen gegen ihre „Helfer“, die die Kleinen schließlich im Tierheim oder bei uns abgeben – nicht selten mit Kratzwunden übersät… Wir raten dringend davon ab, allein aufgefundene Jungkatzen unbedacht einzusammeln. Meist ist die Mutter ganz in der Nähe auf Nahrungssuche und kehrt in regelmäßigen Abständen zu ihrem Nachwuchs zurück – allerdings nicht, solange sich Menschen in der Nähe befinden.
Richtiges Verhalten beim Auffinden junger oder verletzter Wildkatzen
TIERART nimmt jedes Jahr eine große Anzahl Wildkatzen auf – 2019 waren es insgesamt 27 Tiere…
Zum Teil handelt es sich um erwachsene Tiere, die krank und geschwächt sind und bei TIERART aufgepäppelt und medizinisch versorgt werden müssen, bevor sie wieder ausgewildert werden können.
Allerdings werden auch häufig Jungtiere bei uns abgegeben, die über Monate hinweg aufgezogen und versorgt werden müssen.
Leider werden gerade die Jungtiere häufig für herrenlose Hauskatzen gehalten, eingefangen und ins Tierheim gebracht, obwohl die Mutter höchstwahrscheinlich in der Nähe war und sich nur zeitweise zum Jagen entfernt hatte. Die Kleinen müssen bei uns dann geimpft, gechipt, entwurmt, nicht selten auch medizinisch versorgt werden. Insbesondere die artgerechte Fütterung während der Zeit bis zur Wiederauswilderung ist extrem kostenintensiv.
Bereits sehr junge Wildkatzen fressen täglich mehrere hundert Gramm Mäuse pro Tier und die benötigte Futtermenge steigt mit zunehmender Größe der Katzen weiter an. Mäuse sind mit 18€/kg sehr teuer. Für die artgerechte Ernährung der Wildkatzen sind sie jedoch essentiell…
Schon gewusst…?
Wildkatzen gelten als unzähmbar. Selbst wenn sie in menschlicher Obhut aufwachsen, verlieren sie nie vollkommen ihre Scheu.
Etwa die Hälfte der deutschen Wildkatzenpopulation lebt in den Wäldern von Rheinland-Pfalz.
Das Projekt „Wildkatzensprung“ verknüpft Wälder in Deutschland durch sogenannte „grüne Korridore“ miteinander. Das Bundesamt für Naturschutz pflanzt gezielt Bäume und Büsche, wo ehemalige Verbindungswege durch intensive Landwirtschaft, Straßen oder Siedlungen verloren gegangen sind.
Die Wildkatze wurde über Jahrhunderte hinweg als „nutzloser Schädling“ bejagd und bewusst beinahe ausgerottet – obwohl auf ihrem Speiseplan nahezu ausschließlich Mäuse stehen.
Wildkatzen können sich mit Hauskatzen paaren und Nachkommen zeugen. Solche „Hybriden“ kann man optisch meist kaum erkennen. Anhand einer Genanalyse, für die man lediglich einige Haare benötigt, kann im Labor genau ermittelt werden, ob es sich um eine „echte“ Wildkatze oder einen Hybriden handelt.